Wie entwickeln Organisationen Sensibilität für ihr Inneres und die Außenwelt? Wie schaffen sie als Orte Atmosphären für einen fruchtbaren Austausch mit ihren Menschen, anderen Organisationen und der Gesellschaft? Wie entwickeln sich unternehmerische Ökosysteme und wie organisiert man sich in diesen? Welche Organisationen braucht es überhaupt noch?
Mit diesen oberen Ausgangsfragen richtete das II. KU Symposium seinen Fokus auf zukunftsweisende Organisationen. Im Rahmen eines abendlichen Auftakts in den städtischen New Work-Hallen von Design Offices, einem Beispiel zukünftiger Arbeitswelten, tauchten wir ein in den Metalog, wie neue Organisationen neues Arbeiten wirklich verwirklichen.
Denn dabei geht es, ahnt Christian Jacobs schon im Auftakt, um Atmosphären – um Arbeitsatmosphären der Zukunft, die vielmehr von gut organisierten Strukturen und Deutungsmustern gestaltet werden, als dass sie selbst Organisationen sind. Atmosphären, die mit allen Sinnen gespürt werden. Atmosphären, denen ein Geist innewohnt.
Vielleicht wurzelt hier eine Brücke zum heutigen Imperativ des Gründer:innengeists, von dem der Entrepreneur Winfried Richter erzählt. Alles eine Frage der Wahrnehmung? Der WahrNEHMUNG, die in ihrer Begrifflichkeit schon auf das eigene aktive Handeln hinweist. Was nimmst Du selbst wahr? Was siehst Du und was über-siehst Du? Etwas, nach dem man nicht gesucht hat, ist zumindest sehr einfach zu übersehen. Daher gilt es, nicht zu suchen, sondern zu finden. Die Sinne zu schärfen für das Unsichtbare und Besondere, groß zu denken und dort anzufangen, wo es JETZT unerwartet und MORGEN wichtig ist. Es geht darum, nicht nur Unternehmer:in zu sein, sondern unternehmerisch zu handeln.
Sabine Sauber, Unternehmenssprecherin von Design Offices, und Michael Schmutzer, Gründer und Geschäftsführer von Design Offices, sind sich sicher: ‚digital wird analog‘. Ein Wandel – hin zu einem neuen Arbeiten zwischen Fokus, Kollaboration, Lernen und Netzwerken – der dabei in seiner Vielfältigkeit nicht auf Eindeutigkeiten reduziert werden muss. Eine Bewegung, die Türen öffnet und Räume zu Arbeitslandschaften verschmelzen lässt. Landschaften, in denen sich – vergleichbar mit einer Waldlandschaft – Überraschungen und zufällige Begegnungen ergeben, in denen man berührt wird, erlebt und staunt.
Und indem man in solchen Landschaften nicht zurück entlang des Weges schreitet, der aus der Vergangenheit kommt, sondern nach vorne entlang des Weges, der sich aus der Zukunft auf einen zubewegt, gestaltet man nächste Organisationen. Auch die Teilnehmer:innen gehen zum Ausklang des Symposiums aufeinander zu. Und zwar auf eine andere am Symposium teilnehmende Person, die maximal anders wirkt als man selbst. Organisieren wir so schon Zukunft?
Klassisch-unkonventionell bewegt sich dieser Metalog am zweiten Tag in den kreativ-sinnesintensiven Sphären des Schloss Freudenberg weiter. An diesem Ort, an dem das Leben – und somit auch das Leben innerhalb von Organisationen – in der Verbindung von Kunst und Natur spürbar wird, vertiefen Sinneserfahrungen und Impulse die Beschäftigung mit zukunftsweisenden Organisationen.
Im Dachgeschoss des Schlosses begegnen die Teilnehmer:innen einer Panzerskulptur aus Sitzkissen - dem Documenta Kunstwerk Polemos des griechischen Künstlers Andreas Angelidakis. Es beginnt mit einer Auseinandersetzung. Einer gemeinsamen Auseinandersetzung der Skulptur mit der Frage ‚Wie wollen wir unseren GEMEINSAMEN Arbeits- und Gesprächsraum gestalten?‘ Beobachtend, wie dabei jeder zunächst für sich einen Einzelplatz baut, fragt Christian Jacobs: Wieviel Gemeinschaft ist in Unternehmen schon vorhanden? Und wieviel Gefühl von (Un-)Sicherheit brauchen wir, um in einen (Arbeits-)Raum zu treten? Wie gestalten wir in den nächsten Organisationen Grenzen, wie gestalten wir Berührungspunkte? Berührungspunkte, wie es das bunte Laub in den Innenräumen des Schloss Freudenberg erzeugt – und so die Grenzen zwischen dem vom Mensch gestalteten Raum und der Natur überschreitet.
Alles eine Frage der Kultur? Europa Bendig und Stefan Baumann von Sturm & Drang sehen in Räumen Resonanzräume, die als neue Orte Organisationen evolvieren. Zwischenräume, in denen es einer verbindend-neuen Gestaltung der Kultur bedarf. Gedacht wird im nächstgrößeren Kontext – und der Raum dabei auch als Atmosphäre begriffen, als kulturaufgeladener Raum, dem ein Geist INNEwohnt. Ein Geist, den man vielmehr spüren als konkret verbalisieren kann – und dessen Wahrnehmung wichtig ist in unserer heutigen Zeit, in der alles grenzüberschreitend, komplex, unvorhersehbar, mehrdeutig und multikausal ist. Organisationen erleben wie kulturelle und soziale Organismen im Kontextwandel eine konstante Evolution – von innen heraus. Jede Veränderung beginnt beim Menschen – im Zeichnen neuer INNERER Bilder davon, was man als Organisation oder Mensch sein wird. Bewegt sich der Mensch, bewegt sich seine Kultur, bewegt sich die Organisation als Ganzes. Bewusstseinsentwicklung, los! Ein Verständnis für die Kultur entsteht in der Veränderung.
Unternehmensphilosoph Dominic Veken spricht von einer Zellularität, von der Biologisierung von Organisationen und wirft provokant in die Runde: Im Rückwärtsgang werden wir die Welt nicht retten. Wichtig sei es, in den Gedanken frei zu bleiben und weiterhin das Undenkbare zu denken. Werden die Organisationen von heute die sozialen Bewegungen von morgen, die in ihrer Beweglichkeit auch soziale Wesen im Herzen berühren? Strukturell brauche es dafür Authentizität, Autonomie, Algorithmen und Ambition. Gewinnen wird das Integrative. Der Blick auf den Menschen als Persönlichkeit im Mittelpunkt von Organisationen, die organisch in Form eines Ökosystems wachsen. Aus der Kraft des inneren Anliegens heraus, statt getrieben von äußerem Druck. Fruchtbar werden können diese Ideen in neuen Organisationsformen, die Autonomie und Anpassung miteinander verbinden. Die vier genannten Punkte um Zellularität und Überzeugung ergänzend, entsteht vielleicht die moderne Bewegung, die die Welt bewegen – und vielleicht sogar den Humanismus überwinden – kann.
Das Symposium bleibt menschlich. Wir bewegen uns durch die alle Sinne reizenden Innenräume und den Garten. Es geht um die Wahrnehmung. Um die Perspektive. Und den Kontext. Zwischen Tiefe und Breite von Theorie und Praxis wurde in den letzten 24 Stunden gemeinsam das Wesen von Organisationen erforscht, die durch ihr Wirken jetzt und zukünftig einen positiven Unterschied machen werden. Für die Gesellschaft, den Markt und ihre Mitarbeiter:innen. Fangen wir INNEN an. Was der Tag uns bringt, liegt täglich in uns selbst.
Dominic Veken ist Deutschlands führender Unternehmensphilosoph. Er berät zahlreiche nationale und internationale Unternehmen, er lehrte „Unternehmensphilosophie“ an der Universität der Künste in Berlin und er hält Vorträge über Sinn und Begeisterung für Führungskräfte. Nach seinem erfolgreichen Buchdebüt im Jahre 2009 mit „Ab jetzt Begeisterung – Die Zukunft gehört den Idealisten, hat der studierte Philosoph 2015 mit dem Buch „Der Sinn des Unternehmens – Wofür arbeiten wir eigentlich?“ eine Grundlegung der Disziplin Unternehmensphilosophie vorgelegt.
Vor seiner Selbstständigkeit hat Dominic Veken als Geschäftsführer und Chefstratege bei Kolle Rebbe, einer großen deutschen Kreativagentur gearbeitet und war hier am Gewinn mehrerer Dutzend Kommunikations-Awards beteiligt. Er hat die CDU und Angela Merkel im Bundestagswahlkampf beraten.
Bevor er im Jahr 2023 Partner bei der Boston Consulting Group wurde, hat er seit Ende des Jahres 2018 als Managing Director BrightHouse, eine Tochtergesellschaft von BCG, die Organisationen dabei unterstützt, ihren "Purpose" zu entdecken – also den Sinn des Unternehmens – damit ihre Mitarbeiter, Gewinne und ihr sozialer Impact wachsen können, mit aufgebaut.
Dr. Winfried Richter (1964) ist Entrepreneur in Stuttgart. Er ist Gründer und Geschäftsführer der Pioniergeist und des STEYG Startup Hub. Winfried war Mitgründer eines Technologie-Unternehmens im Bereich Smart Home sowie eines Service-Startups für Coffee Catering. Zudem war er Chief Mentor bei der European Innovation Academy in Nizza.
Zuvor wirkte der Ingenieur zwei Jahrzehnte lang in der Maschinenbauindustrie als Geschäftsführer der Felss GmbH, Königsbach-Stein, sowie in der Geschäftsleitung der Trumpf Gruppe, Ditzingen. Dabei ging er insbesondere im Bereich der Unternehmensstrategie, im Branding und Marketing sowie bei der Mitarbeiterführung außergewöhnliche Wege. Mit der Erschließung neuer, innovativer Geschäftsfelder setzte er immer wieder überraschende Akzente.
Winfried studierte Maschinenbau, Astrophysik und Theaterwissenschaften in Stuttgart und San Diego.
Die Gründerin und Geschäftsführerin von Sturm und Drang erforscht für internationale Konzerne Innovationschancen, sich wandelndes Konsumverhalten und neue Narrative für nachhaltige Marken mit Relevanz. Als studierte Architektin interessiert sie insbesondere, wie Funktion und Ästhetik Verhaltensänderungen bewirken.
Die von ihr initiierte gemeinnützige PROTOPIA Gesellschaft soll nun mit Erkenntnissen und Techniken der Verhaltensforschung einen Beitrag zum überfälligen gesellschaftlichen Wandel leisten: in der Impact Society für das Erlernen und Erfinden eines regenerativen Lebensstiles. Ziel ist, Menschen die Möglichkeit zu geben, den regenerativen Lebensstil als leicht, schön und erfüllend zu erleben, um das „action gap“, die Lücke zwischen dem Reden und dem Machen zu schließen.
Bereits in den 90er Jahren machte sich der Unternehmer Michael O. Schmutzer mit seiner Firma Centacon einen Namen als Spezialist für zielgruppenorientierte Immobilienentwicklung. Frühzeitig erkannte er den Mehrwert einer Marke und kreierte als Pionier angesehene und erfolgreiche Markenimmobilien im Wohnungsbau.
2008 gelingt ihm mit der Gründung von Design Offices ein weiterer Coup. Seine eigens entwickelten neuartigen Arbeitswelten sind das Ergebnis langjähriger Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen und ökonomischen Megatrends. Namhafte nationale und internationale Unternehmen schätzen die visionären und architektonischen Qualitäten der im Markt einzigartigen Raumangebote. So gelingt es ihm mit seinem Team, Design Offices zum deutschen Marktführer für Corporate Coworking zu machen. Als er 2020 als Geschäftsführer und Gesellschafter ausscheidet, sind nicht nur mehr als 40 Standorte in 15 Städten entstanden, sondern auch viele Produktinnovationen. Dafür wurde Schmutzer mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem XING New Work Award 2018 und dem Immobilienmanager Award 2019.
Im Bereich New Work Space begleitet der gefragte Experte heute v.a. große Corporates sehr ganzheitlich: von der Beratung und Entwicklung kreativer Immobilienkonzepte bis hin zur Umsetzung und Vermarktung. Innovativ aber immer lösungsorientiert.
Seine Kreativität und sein Machertum lebt er zudem in einem neuen zukunftsweisenden Themenbereich aus, für den er zusammen mit seiner Schwester Sabine Sauber 2020 Neue Höfe gegründet hat. Das Unternehmen entwickelt Konzepte für Arbeiten und Leben auf dem Land. Konkret sind in Neuhof an der Zenn drei historische Gebäude geplant und umgebaut worden, in denen Menschen und Unternehmen eine neue Heimat für neues Arbeiten finden. Das Spannungsfeld zwischen alt und neu, Improvisiertem und Perfektion und viel Herzblut in der Gestaltung der Orte inmitten schönster Natur bietet alles, was eine inspirierende Arbeitsumgebung braucht.
Der studierte Wirtschaftspsychologe ist strategischer Transformationsforscher für kulturellen Wandel. Mit der von ihm co-gegründeten Agentur Sturm und Drang erforscht und entwickelt er mobilisierende und verbindende Leitnarrative für die Evolution sozialer Systeme. Sein „Cultural Strategies“ Ansatz verfolgt eine Praxis, die wirtschaftliche Transformation als eine kulturelle Geistes- und Verhaltensevolution versteht. In seinen Beratungsprojekten hilft er Unternehmern und Marken sich in verändernden Gesellschafts- und Marktkontexten zu orientieren, neu auszurichten und relevant zu erneuern.
Als Mitinitiator der gemeinnützigen Protopia Gesellschaft experimentiert und lernt er zusammen in einer Community of Practice, wie der regenerative Systemwandel in die Impact Society gelingen kann.
Gehen, Verirren, die Welt als zu gestaltende Utopie, die neue und gute Form finden, Fragen die nicht beantwortet werden können, Arbeit an einem erweiterten Kapitalverständnis, nächste lebenswerte Orte, neue Unternehmen und Gesellschaften: einige der Themen, die das Wirken von Christian Jacobs beschreiben.
Er gehört zu den innovativsten Köpfen Europas und wir sind stolz, dass wir ihn als Beiratsmitglied zu einen der grundlegendsten Impulsgeber und Mitdenkern von Kreatives Unternehmertum zählen dürfen.
Ausgebildet als Psychologe, Ethnologe und Pädagoge beschäftigt sich Christian Jacobs als Kulturentwickler seit über 25 Jahren mit der Entwicklung sinnvoller Unternehmenskulturen und – strukturen. Er gründet und begleitet Organisationen, die im Smart Machine Age dem Menschen und der Technologie die jeweils sinnvollen Aufgaben geben. Christian Jacobs ist Inhaber von just Human, hält Aufsichtsratspositionen und bewegt immer wieder mit dem Cultural Companion Earnest & Algernon. Er ist Vater von vier erwachsenen Kindern.