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Lesedauer: 13 min 20.11.2023

Aufbruch ist der erste Schritt.

Ein KU Jahresrückblick

Der Schnee verändert alles. Er legt sich über Altbekanntes, verändert Farben und Formen, sogar die Geräusche der Fahrenden und Gehenden, des täglichen Geschehens. Er schafft eine neue Welt, in der wir zeitweise leben. Auch die Gemüter verändert er. Freude und Stress, Entzückung und Besorgnis liegen nah beieinander. Und irgendwie ist er doch auch beeindruckend, wie er es lautlos und über Nacht schafft, ganze Städte außer Gefecht zu setzen. Einen neuen Lebenszustand auszurufen, in dem alles irgendwie langsamer geschieht. Der Umbruch geschieht leise und unbemerkt, die Wirkung ist unermesslich groß. In unserer gehetzten Welt kommen die Menschen nicht mehr wie gewohnt in Minutenschnelle von einem zum anderen Ort. Sie müssen ausharren, verweilen. Einige treibt das in den Wahnsinn. Andere bauen einen Schneemann.

Und ist es hier doch genau wie mit den anderen Umbrüchen, die wir erleben: Unsere gewohnten Werkzeuge greifen nicht mehr. Veränderungen stellen uns vor die überfordernde Tatsache, dass die Funktionen unserer hochmodernen, schnellen Welt aussetzen. Sie stellen uns vor ein Gefühl von Kontrollverlust. Und das in einer Welt, in der wir glauben immer alles kontrollieren und lenken zu können.

Für die Einen führt das zu Stillstand, zu Überforderung – wie macht man denn die Dinge, wenn man sie plötzlich anders machen muss? Wenn man nicht mehr in den Zug steigen kann, die Straßen nicht frei sind? Wenn Lieferungen nicht mehr zugestellt werden, Flieger nicht mehr fliegen? Andere entstauben die alten Langlaufskier im Keller oder legen die Aktentasche auf den Kinderschlitten. Manche nutzen den kurzen Moment, in dem die Welt weiß und still und langsam ist, um innezuhalten. Ein Stoppschild der Natur: komplett zum Stillstand kommen, einmal nach links und rechts schauen.

Doch irgendwann schmilzt der Schnee. Und wir wissen von Anfang an, es ist kein Umbruch, kein Anbruch eines Zustandes, der von Dauer sein wird. Dann gehen wir wieder zurück zu den alten Mustern und Gewohnheiten. Zum Hasten von Ort zu Ort, zum stetig währenden irgendwo Sein müssen. Was würde passieren, wenn der Schnee nie mehr schmelzen würde? Wir würden neue Systeme entwickeln, würden Möglichkeiten finden, jeden Tag mit den Skiern zur Arbeit zu fahren. Bis zu einem gewissen Grad würden wir wahrscheinlich unser altes Leben an diesen neuen Zustand adaptieren können. Wir müssten auf Dinge verzichten, aber würden auch neue erfinden, entdecken. So funktioniert Veränderung: In dieser Welt gibt es nie nur einen Abbruch des Alten, sondern immer auch den Anbruch des Neuen. Das ist nie nur gut, nie nur schlecht.

Es gibt Dinge, die können wir nicht kontrollieren: dass es schneit, dass die Züge nicht mehr fahren, dass alles weiß und still und langsam wird. Und dann gibt es Dinge, die können wir kontrollieren: uns Skier anzuziehen, statt Laufschuhe. Den Umgang mit der Veränderung, den Nutzen, den wir daraus ziehen, uns umzuschauen, statt aufzuregen.

Die neue unternehmerische Haltung macht einen Skiverleih auf, schon während die ersten Flocken fallen. Sie baut ein Iglu oder lernt Eisfischen. Sie realisiert weiterhin, dass Unternehmertum nie abseits von Umwelt und Gesellschaft funktionieren kann, sondern in sie eingebettet ist, in Wechselwirkung mit ihr funktionieren muss und darf. Und dass diese Wechselwirkungen es manchmal vor unkontrollierbare Umbrüche stellen mag, doch diese auch zu Dynamik, neuen Chancen, Lebendigkeit führen. Das Bild vom Wirtschaften, das wir geschaffen haben, lässt uns glauben, die Ökonomie stünde über allem. Doch lernen wir, dass diese hierarchische Betrachtung uns in der Gestaltung von Umbruchsprozessen nicht weiterbringt. Wirtschaft und Unternehmertum stehen nicht über allem, aber sie stecken in (fast) allem und alles steckt in ihnen. Ist es dann nicht an der Zeit, lebendige Beziehungen zwischen Unternehmertum und diesem „Alles“ herzustellen?

Wir haben das Glück, dass im Gegensatz zum Schneefall einige der uns umgebenden Umbrüche beeinflussbar sind. Dass wir uns nicht nur an sie anpassen müssen, sondern sie jetzt noch verändern können. Wenn wir uns persönlich und gesellschaftlich dafür entscheiden, folgt auf Umbruch nicht nur Reaktion. Dann folgt auf Umbruch Bewegung, Innovation, um nicht an einem Ort auszuharren, sondern zu neuen Orten und Methoden und Lebensweisen aufzubrechen und so die Umbrüche an sich mitzugestalten.

Wir haben in den letzten beinah zwölf Monaten über die Frage gesprochen, wie das geschehen kann - wie aus Umbrüche Aufbrüche werden. Wir sind durch (mehr als) drei Länder gereist, haben unternehmerische Projekte entdeckt, kennengelernt und befähigt, haben Menschen an besonderen Orten zusammengebracht und großen Persönlichkeiten zugehört. Stets angetrieben von der Frage, wie wir vom Denken ins Handeln kommen - von der Ohnmacht über das Fallen der Flocken zum Bauen eines Iglus. Und nehmen wir eines mit von dieser Reise, ist es wohl die Erkenntnis, in welchen bunten Farben und Formen der Aufbruch auftreten mag. Manchmal kündigt er sich mit lauter Stimme an, manchmal verändert er zunächst unscheinbar und doch so wirksam, wie der Schnee, der leise in der Nacht auf die Erde fällt. Lässt einen der Blick in die Welt manchmal verzweifeln, schenkte uns die Reise des letzten Jahres Hoffnung, Zuversicht und Vorfreude darauf, was kommen mag und wie wir ihm unternehmerisch begegnen werden. Dinge werden sich verändern, manches wird enden, vieles neu beginnen.

Bald steht uns ein sehr greifbarer Umbruch bevor: Ein Jahr endet, ein neues beginnt. Die letzten Kalenderblätter werden abgerissen, nach kurzem Stillstand „zwischen den Jahren“ wird ein neuer aufgehängt. Neues Jahr, neue Chancen, weiße Blätter im neuen Notizbuch? Vielleicht. Und doch bleiben die Herausforderungen des letzten Jahres, die Umbrüche, die geschehen und zum Glück auch die Aufbrüche, zu denen wir unterwegs sind.

Für uns gilt es im nächsten Jahr, die Wege weiterzugehen, zu denen wir in diesem Jahr aufgebrochen sind. Der erste Schritt determiniert die Richtung, erfordert eine Orientierung nach Norden oder Süden – und doch ist der Aufbruch nicht die Reise, der erste Schritt nur der Beginn. War 2023 ein Jahr der Aktivierung, der Aufbruchsstimmung, freuen wir uns nun auf die Verstetigung, die Manifestierung der Route in ein neues Zeitalter von Unternehmertum. Den Kompass tragen wir stets nah bei uns, im Wissen, dass es noch unzählige Änderungen des Weges geben wird. Doch erfolgt der erste Schritt, der Aufbruch, aus dem tiefsten Inneren heraus, aus der Passion und Vision, diese persönliche und unternehmerische Reise wirklich gehen zu wollen, ist die Navigation nur noch ein Akt der Ausführung.

Wir als KREATIVES UNTERNEHMERTUM konnten in diesem Jahr eine neue Logik unserer Angebote definieren, klarifizieren. Wir gehen in ein neues Jahr mit drei Bildungsprogrammen für Unternehmer:innen in allen Entfaltungsstufen und im ständigen Gestalten und Entfalten von unternehmerischen Potentialen in unseren Resonanz-Werkstätten und Resonanz-Prozessen. Und bald dürfen wir das alles auch mit der Gestaltung eines physischen KU Campus in Verbindung stellen.

Unser Kernanliegen ist es, Unternehmer:innen zu befähigen, den Weg in ein neues unternehmerisches Zeitalter zu finden. Ihren ganz eigenen Weg der persönlichen, kollektiven und unternehmerischen Potentialentfaltung hin zu einem Unternehmertum, welches sich seiner gesellschaftlichen und planetaren Verantwortung bewusst ist und einen Beitrag für eine lebenswerte Zukunft leistet. Dazu bringen wir Menschen zusammen. Wir zeigen Probleme auf, doch nur um Lösungen für sie zu finden. Wir fördern durch Bildung und Begleitung ein Unternehmertum, welches innovativer, gesellschaftlicher und kreativer denkt, ein Unternehmertum, welches Lebendigkeit ermöglicht und schafft, anstatt an alten Mustern festzuhalten, die sich im Umbruch erübrigen. So gestalten wir unseren Aufbruch: persönlich, kollektiv, unternehmerisch. Wenn es schneit, sind wir die Skischule, nicht der Schneepflug.

KREATIVES UNTERNEHMERTUM bedankt sich für alle Aufbruchs-Lustigen, die es in diesem Jahr begleiten durfte, für die Begegnungen und Unterhaltungen, den Humor, die Lebendigkeit. Und dafür, dass es erkennen durfte, wo der Aufbruch überall schon zugange ist. Es wünscht Freude bei allen unternehmerischen Aufbrüchen und bald anstehenden kalendarischen Umbrüchen. Und sollte etwas mal nicht gelingen: einfach einen Schneemann bauen.

KU kompakt? Gibt´s hier! Darauf blicken wir im Jahr 2023:

Der Beginn und die Fortführung unserer drei KU Bildungsprogramme:

Zwei KU Impulsformate:

Die (weiterführende) Begleitung und Beratung von unternehmerischen Projekten durch:

Sowie der Austausch und das "In-die-Welt-bringen" von Resonanz-Unternehmertum durch:

  • Die Teilnahme an diversen Panel-Formaten
  • Die stetige Weiterentwicklung der Resonanz-Kultur-Theorie im Austausch mit dem KU Ökosystem - Weitere Veröffentlichung erfolgt im neuen Jahr
  • Die Weiterführung unseres Vorhabens eines physischen KU Campus als zukünftige Keimzelle unseres Wirkens
Vivian Dünwald
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Vivian Dünwald

KU Magazin & Kommunikation

Getrieben von einer tiefen Neugierde, Beziehungen und Zusammen­hänge zu erkunden studiert Vivian an der Zeppelin Universität Soziologie, Politik und Wirtschaft. Als Nordlicht am Bodensee zieht sie besonders viel Kraft aus Begegnungen mit Menschen und Natur in diesem besonderen Umfeld. Ein verstärktes inhalt­liches Anliegen ist für sie die Beschäftigung mit gesellschafts­politischen Fragen sowie Chancen­gleichheit jeglicher Form. Der Diskurs und die Auseinander­setzung, die Reibung und der Austausch stellen für sie den Weg dar, um gemein­schaftlich Gesell­schaft zu gestalten.

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